Visa-Einlader- und Warndatei zunächst zurückgezogen
Die geplante Kabinettsberatung zur Visa-Einlader- und Warndatei, die für den 11.03.09 vorgesehen war, ist auf Initiative des Bundesjustizministeriums abgesetzt worden, da Bundesministerin Birgitte Zypries nach eigener Aussage ihr zuvor gegebenes Einverständnis zur Gesetzesvorlage des Innenministeriums nach vielfältigen Interventionen und Protesten von Verbänden, Organisationen und Kirchenvertretern zurückgezogen hat. Damit reagierte das SPD-geführte Ministerium u.a. auf eine Resolution des Deutschen Bundesjugendrings, einen Offenen Brief der Naturfreundejugend Deutschlands, der Deutschen Wanderjugend und der Arbeiter-Samariter-Jugend an die Bundesminister Zypries und Schäuble, der auch allen Abgeordneten des deutschen Bundestages übermittelt wurde, und weitere Initiativen aus den Arbeitsbereichen Kinder- und Jugendreisen und Internationale Jugendarbeit.
Die Verbände hatten kritisiert, dass haupt- und ehrenamtliche Organisatoren von Internationalen Jugendbegegnungen, die regelmäßig Gäste nach Deutschland einladen, durch die geplante Visa-Einlader- und Warndatei unter Verdacht gestellt würden und mit Menschenhändlern und Terrorverdächtigen auf eine Stufe gestellt würden.
Bereits jetzt sind Internationale Jugendbegegnungen durch die seit der sogenannten Visa-Krise verschärften Restriktionen zusätzlich belastet. Eine geplante deutsch-ukrainische Jugendbegegnung der Naturfreundejugend Thüringen musste etwa im vergangenen Sommer ausfallen, da der ukrainische Leiter der Begegnung ohne nachvollziehbare Gründe kein Visum für die Einreise nach Deutschland erhielt, obwohl er bereits seit mehreren Jahren regelmäßig Jugendbegegnungen nach Deutschland geleitet hat und jeweils die gesamte ukrainische Gruppe wieder zurück ins Herkunftsland geführt hat. Ein Gruppenvisum wird bereits seit der Visa-Krise. nicht mehr ausgestellt, so dass auch minderjährige Teilnehmende an Jugendbegegnungen den zum Teil beschwerlichen Weg aus dem gesamten Land in die Hauptstadt Kiew auf sich nehmen müssen, um überhaupt die Chance auf ein Visum zu wahren.
Ansgar Drücker, Vorstandsmitglied des BundesForum Kinder- und Jugendreisen und Geschäftsführer der Naturfreundejugend Deutschlands, begrüßte die mutige Entscheidung der Bundesjustizministerin „zum Rückzug zu blasen. Ich glaube nicht an eine Verabschiedung des Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode. Wir müssen jedoch befürchten, dass die nächste Bundesregierung das Vorhaben wieder aufgreift,“ so Drücker auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin weiter. Während die große Koalition im Tourismusausschuss eine Resolution für mehr Jugendaustausch mit Osteuropa auf den Weg bringe, behinderten das Innenministerium und über die Verantwortung für die Botschaften auch das Auswärtige Amt dieses breit getragene politische Ziel. „Da fühlen sich für Kinder- und Jugendreisen sowie Internationale Jugendbegegnungen Verantwortliche zu Recht von der Bundesregierung verschaukelt, so Drücker weiter. Auch vom für den Internationalen Jugendaustausch verantwortlichen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wünscht er sich in diesem Zusammenhang ein wirkungsvolles und sichtbareres Engagement.