Aktuelle News zum Thema Kinder- und Jugendreisen auf: www.JugendreiseNews.de

News Details

Durstig, erschöpft und Blasen an den Füßen

Eine Woche Wanderung im Hochsommer, abgeschnitten von der Zivilisation, quer über die italienischen Alpen. Diese Idee wurde von einer Stuttgarter Klasse begeistert aufgegriffen, wie das Stuttgarter Wochenblatt am 20. Juli 2006 schreibt. Ein Unterfangen, das nicht ohne positive Folgen für die Klassengemeinschaft blieb.

Christine Koegel hat als Sportlehrerin schon viele Klassenfahrten begleitet und auch schon einiges erlebt. Doch wenn sie von der Wandertour quer über die italienischen Alpen der Klasse 9 A erzählt, kommt selbst die erfahrene Betreuerin ins Schwärmen: "Abends auf der Hütte war totale Ruhe. Die Schüler lagen in den Betten und schliefen. Und das bei einer neunten Klasse!"

Vor der Abfahrt hätte diese Ruhe keiner ihrer Kollegen vorausgesagt. Die Klasse galt als unruhig und temperamentvoll. Anna Gloyer, 15 Jahre, Schülerin der Klasse 9 A, erinnert sich: "Ich hatte zu manchen Leute in der Klasse überhaupt keinen Bezug und konnte mit ihnen nichts anfangen."

Auch Mitschülerin Juliane Rysavy stellt fest: "Es gab vorher Leute, mit denen hatte man überhaupt noch kein Wort geredet. Das hat sich jetzt geändert."

Das hatte Klassenlehrerin Caroline Krebietke gehofft: "Die Schüler wurden aus einigen fest gefahrenen Verhaltensmustern herausgelöst, sie machten auf langen anstrengenden Tagesetappen existenzielle Erfahrungen von Durst, Erschöpfung oder Blasen an den Füßen".

Der Fernwanderweg E 5 bot sich an, und zwar nicht der von vielen Schulen schon als "Klassen-Autobahn" bekannte nördliche Teil, sondern der anspruchsvolle, südliche Teil zwischen Bozen und Malcesine.

"Es gab Geröllfelder mit schmalen Wegen, wo es steil herunter ging. Oft gingen wir querbeet durch den Wald einen kleinen Trampelpfad entlang, wo keiner vermutet hätte, dass da ein Weg ist.

Plötzlich tauchte wieder ein Wegweiser auf" berichtet Philipp Link, 15, von der Wanderstrecke. Kein Wunder, dass beim Tagesaufstieg auf 2400 Meter Höhe und dem darauf folgenden langen und steilen Abstieg einige jugendliche Läufer die Grenzen ihrer physischen und psychischen Kondition spürten. Nach einer zehnstündigen Tour gab es ihn dann auch: den Aufstand der Laufmüden.

"Einige waren nach diesem Tag sehr, sehr fertig. Sie haben gesagt, sie gehen keinen Schritt mehr weiter. Es gab dann eine Unterschriftensammlung, dass man den nächsten Tag frei macht."

Juliane hatte aber, wie die meisten Schüler der Klasse, keine Lust vor dem Ziel aufzugeben.

So flog die Unterschriftenliste in den Papierkorb und die Wanderschuhe wurden doch wieder am nächsten Morgen geschnürt. Die Zauberformel für die Motivation der Laufmüden hat Anna begriffen: "Man muss sich gegenseitig helfen – gerade auch beim Zelt aufbauen, beim Wandern, immer wenn jemand Hilfe braucht. Meine Freundin Lea hatte zum Beispiel so einen fetten Rucksack dabei.

Da wollte sie die ganze Zeit Pause machen. Und ich musste immer sagen: Auf geht"s – weiter – noch ein paar Meter. Aber dann ging"s wieder voll gut."

Wer losläuft, muss auch weiterlaufen – keiner bleibt auf der Strecke – eine Erfahrung, die so intensiv bei den üblichen Aufenthalten im Landschulheim nicht gemacht werden kann.

Den Unterschied hat auch Philipp bemerkt: "Wenn wir früher als Klasse in einer Jugendherberge waren, haben wir oft in kleinen Gruppen etwas unternommen, wie zum Beispiel Federball spielen oder ins Dorf einkaufen gehen.

Dagegen bei unserer Wanderung waren alle den ganzen Tag über zusammen. Keiner konnte sich auf dem Zimmer verstecken. Und abends saßen wir meistens zusammen und haben geschwätzt."

Und noch eine Erfahrung war für die modebewussten Neuntklässler neu.

Juliane: "Alle waren gleich. Jeder hat gestunken und die eine, gleiche Hose die ganze Woche über angehabt. Aber man kam sich gar nicht blöd vor."