‚Sowas von enttäuscht‘ ist Carola diPol-Poege. Die Klassenlehrerin der 7 c, einer Hauptschulklasse an der Karl-Marx-Sekundarschule, wollte mit ihren Jungen und Mädchen nach Gifhorn fahren. In Gardelegens Partnerstadt treffen sich vom 4. bis zum 11. Juli 150 Jugendliche aus Polen, der Ukraine, aus Griechenland, Schottland und Deutschland. Mit dabei sollten ihre Siebtklässler sein – doch die meisten zeigten eine Reaktion, die die Pädagogin auch aus dem Unterricht kennt: null Bock, berichtete die Volksstimme Gardelegen am 27. Juni 2006.
Das Programm mit Ausfl ügen nach Wolfsburg, Berlin, mit Workshops, mit vielen gemeinsamen Aktionen nach dem Motto der WM "Zu Gast bei Freunden", dazu noch zu einem ausgesprochen geringen Preis von rund 50 Euro – diPol-Poege war überzeugt, ihren Schülern etwas richtig Tolles anzubieten. Doch die Schüler zeigten kaum Interesse. Di-Pol-Poege hat bereits in den Wochen zuvor gemerkt : "Die Arbeitseinstellung der meisten Schüler hat massiv nachgelassen. Die denken nicht mit, die machen nichts." Ein Auftritt mit lustlosen Siebtklässlern wollte diPol-Poege sich und der Stadt ersparen : "Das wäre peinlich für Gardelegen geworden."
Gleichwohl wollte die Pädagogin auf das einmalige Angebot nicht verzichten. Sie schrieb die Teilnahme an der Schule aus für Schüler der siebten bis neunten Klassen. Auf die 14 freien Plätze bewarben sich 48 Jungen und Mädchen. DiPol-Poege wählte aus. Übrig blieben auch drei Schüler ihrer siebten Klasse, die von Anfang an mitfahren wollten. Eine Schülerin der Parallelklasse steht als Reserve bereit, falls einer der 14 ausfallen sollte – oder wegen schlechten Verhaltens doch noch von der Liste gestrichen wird.
Die Vorbereitungen für die Fahrt sind bereits angelaufen. Dazu gehörte nicht nur das Kennenlernen, sondern auch ein gemeinsamer Kochnachmittag mit Küchenmeister Harald Storz. Der Vorsitzende des Gardeleger Tourismusvereines zeigte den Schülern in dem Hauswirtschaftsraum der Karl-Marx-Sekundarschule, wie ein Altmärkisches Würzfleisch gemacht wird. Das nämlich sollen die zehn Mädchen und vier Jungen in Gifhorn kochen. Dort soll der Aufenthalt der Jugendlichen mit einem gemeinsamen, internationalen Buffet enden. Die Gardeleger Teilnehmer werden dazu das Würzfl eisch beisteuern.
Ganz nebenbei erfuhren die Schüler vom Fachmann, dass "Kochen zu 90 Prozent Kräuter" ist, wie ein Fond abgeschmeckt wird oder wie eine Spickzwiebel gemacht wird. Auch Ida Sophie Voigt piekte ein Lorbeerblatt mit zwei Nelken an einer Zwiebel fest. Die Schüler lernten von Storz den "Zangengriff", um sich beim Schneiden des Fleisches in Gifhorn nicht in den Daumen zu schneiden, sie lernten, "den Arbeitsplatz schön sauber zu halten" und wie wichtig Hygiene ist: "Immer erstmal Hände waschen."
Am Ende kam natürlich das Würzfleisch, mit Käste überbacken, auf den Tisch. "Eine ganz elegante Sache", stellte Storz fest. Nur eines störte den Fachmann: Die Messer der Schulküche, befand er, "sind Gurken". Ein Koch arbeite mit großen Messern, "alles andere ist ein Graus". Jedenfalls sind die Karl-Marx-Schüler nun gerüstet für Gifhorn – zumindest was das Kochen angeht. Sogar mit kleinen Messern.