Kriegsgräberpflege als Kulturaustausch – Jugendliche aus elf Nationen
Mit Schubkarren, Schrubber und Fugenkratzer machen sich seit gut zehn Tagen 25 Jugendliche aus elf Nationen auf einem Bremer Friedhof an die Arbeit. Sie kommen aus Rumänien, Lettland, Moldawien, Belgien und Russland. Sie befreien ein osteuropäisches Kriegsgräberfeld von Moos und Unkraut.
Zusammengebracht hat sie das Sommercamp des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Was eigentlich widersprüchlich scheint, nämlich Grabpflege und junge Menschen, hat seinen Ursprung in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals suchten Sportvereine und Pfadfinder zusammen mit Jugendlichen, vor allem in Frankreich, eine "Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden". Unter diesem Motto ist der Volksbund entstanden, schreibt die Kreiszeitung am 28. Juli 2006.
Isa Nolle, Jugendreferentin des Volksbunds, nennt die drei Grundpfeiler der Kriegsgräberpflege: Arbeit, historisch-politische Bildung und internationale Begegnung. 14 Tage wohnen die jungen Menschen aus Europa unter einem Dach im DLRG-Haus. Um dabei zu sein, müssen sie Deutsch oder Englisch sprechen und mindestens 16 Jahre alt sein.
Die Grabpflege ist ebenso Teil des Programms wie Ausflüge und die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Der direkte Kontakt mit der Kriegsgeneration wird immer seltener. Deswegen organisiert der Volksbund "Zeitzeugen-Abende". Dieses Mal waren ein jüdischer Zeitzeuge geladen, ein Kriegswaise und ein Mann, der seinen Bruder während des Krieges verlor. Auf einem Kriegsgräberfeld des Osterholzer Friedhofs gedachten die 25 Jugendlichen bei Kerzenlicht und Musik dieser Einzelschicksale. Besonders betroffen machte die Geschichte zweier Jungen, die 1945, kurz vor der Kapitulation Deutschlands noch mit "Panzerfaust und Fahrrad" eingezogen wurden. Zwei Tage später, so erzählte Nolle, seien die Jungen tot und der Krieg zu Ende gewesen.
Liselot, Marie (Belgien) und Sigita (Lettland) waren sowohl von den Schicksalen als auch von der abendlichen Zeremonie beeindruckt. "It was very emotional and beautiful" ("Es war sehr gefühlvoll und schön"), schwärmten sie. Franziska, und Deborah kommen aus Bremen. Sie sind mit der moldawischen Studentin Oxana der Meinung, dass neben der gemeinsamen Arbeit, Ausflügen und Spaß besonders diese ernsten oder traurigen Momente das Gemeinschaftsgefühl stärken.
Heute, am Freitag, wird um 10 Uhr als Abschluss der Grabpflegearbeiten ein Kranz auf Feld "K" des Osterholzer Friedhofs niedergelegt. Dort ruhen Opfer von Konzentrationslagern, Zwangsarbeiter, deutsche Soldaten und Zivilisten. Die Camp-Mitglieder haben für diese Zeremonie etwas vorbereitet. Damit werden die ernsten Eindrücke verarbeitet. Und das Feriencamp bleibt als fröhliche Reise mit vielen neuen Bekanntschaften im Gedächtnis. Die Kranzniederlegung ist öffentlich.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. ist Mitglied des BundesForum Kinder- und Jugendreisen e.V. Alle seine Angebote stehen auch unter www.ferienboerse.net online.